60 Jahre NRW

1946 -2006:  60 Jahre NRW und Landtag
 
Ihr 60-jähriges Bestehen feiern in diesem Jahr Land und Landtag Nordrhein-Westfalen. 1946 - dem Gründungsjahr von Nordrhein-Westfalen - waren der 2. Weltkrieg mit 50 Millionen Toten, die Befreiung von der Nazi-Diktatur erst ein Jahr vorüber. Deutschland war von Truppen der USA, der Sowjetunion, Großbritanniens und Frankreichs besetzt und in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Weite Teile Deutschlands waren zerstört. Not und Elend, die Deutschland über weite Teile Europas gebracht hatte, herrschten nun auch hier. Die Menschen hungerten, die Städte waren zerbombt, die Wohnungen Ruinen, die Wasser- und Energieversorgung, die Verkehrsverbindungen lagen danieder. Millionen von Flüchtlingen und Vertriebenen mussten aufgenommen werden. Trauer um die Toten, Sorge um die vermissten Angehörigen vergrößerten das Leid.

Das war die Situation 1946, dem Jahr der Gründung von Nordrhein-Westfalen. Und unter diesen schweren Bedingungen entstand NRW. Es war eine Entscheidung der britischen Besatzungsmacht, die die französischen und sowjetischen Internationalisierungspläne für die Industrie an der Ruhr abwehren und die Wirtschaftskraft des Landes für den Wiederaufbau Westdeutschlands und Westeuropas nutzen wollte. 

 
1946 - das Gründungsjahr
 
Am 19. Juli 1946 wurde der Plan zur Gründung des Landes, die Zusammenlegung von Rheinland und Westfalen unter dem Codenamen "operation marriage" in Berlin veröffentlicht. Am 24. Juli wurde der damalige Oberpräsident der Provinz Westfalen, Rudolf Amelunxen, zum Ministerpräsidenten ernannt. Am 23. August erfolgte die offizielle Gründung des Landes durch die Verordnung Nummer 46 der britischen Militärregierung über die Auflösung der preußischen Provinzen und die Neubildung der Länder in der britischen Zone. Am 29. August war das erste Kabinett Amelunxen aus Mitgliedern von SPD, FDP, des Zentrums, der KPD sowie aus Parteilosen gebildet, und am 2. Oktober 1946 trat der erste Landtag Nordrhein-Westfalen, dessen Abgeordnete nicht gewählt, sondern von den Briten ernannt worden waren, zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Ihm gehörten je hundert Abgeordnete aus den beiden Landesteilen an. Seinen endgültigen territorialen Umfang schließlich erhielt das Land durch die Verordnung Nr. 77 der britischen Militärregierung vom 21. Januar 1947: Das Land Lippe wurde, nachdem sich sein Parlament bereits dafür ausgesprochen hatte, mit Nordrhein-Westfalen vereint. Das Wappen Nordrhein-Westfalens nimmt Bezug auf die drei Landesteile und deutet die Vielfalt des Landes an: für das Rheinland der Strom, für Westfalen das Ross und für Lippe die Rose. Im Jahr 1949 wurde NRW ein Gliedstaat der Bundesrepublik Deutschland.
 
60 Jahre sind, historisch gesehen, kein langer Zeitraum. Andererseits ist in 60 Jahren Land und Landtag NRW eine ganze Menge geschehen. Das Land hat sich aus Schutt und Asche hervorgearbeitet. NRW war mit Kohle und Stahl das Schwungrad für das viel bestaunte so genannte deutsche Wirtschaftswunder.
 
Die Startchancen für Nordrhein-Westfalen waren nicht gut: Als künstliches Gebilde von britischen Gnaden kritisiert, fiel es in den Anfangsjahren schwer, Identität und ein eigenes Staatsbewusstsein herauszubilden. Aus drei Landesteilen ist NRW heute aber längst zu einem Land geworden, das seinerseits starke Integrationskräfte entwickelt hat und für viele Zugereiste zur Heimat geworden ist.

 
Schönes NRW
 
Nordrhein-Westfalen ist mit über 18 Millionen Einwohnern, Deutschen und Ausländern, das bevölkerungsreichste und das am dichtesten besiedelste Land der Bundesrepublik. Die Fläche des Landes beträgt 34.068 km2: 56 Prozent davon werden landwirtschaftlich genutzt, 24 Prozent sind mit Wald bedeckt. Zwei Drittel der Fläche - der Niederrhein und die Westfälische Bucht - sind Tiefland; ein Drittel Gebirgsland: Eifel, Hohes Venn, Sauerland, Bergisches Land, Siegerland, Siebengebirge, Teutoburger Wald, Egge, Weserbergland. Diese knappen Hinweise verdeutlichen schon, dass es falsch ist, NRW nur mit seinem industriellen Ballungsraum gleichzusetzen. Das Land verfügt über viele landschaftliche Schönheiten und Reize sowie über einen bemerkenswerten Reichtum an Kulturdenkmälern. Die Kulturlandschaft Nordrhein-Westfalens mit seinem dichten Netz von renommierten Theatern, Opernhäusern, Kleinkunstbühnen und Museen genießt internationalen Ruf.
 
Für viele ist das Ruhrgebiet trotzdem noch immer der Inbegriff Nordrhein-Westfalens. Wahrscheinlich wird deshalb noch heute das Bild, das sich viele Menschen von NRW machen, von Schloten und Kohlezechen, von Stahlkochereien, von Kumpels und Konzernen bestimmt. Dieses Bild entspricht schon längst nicht mehr der Wirklichkeit. Chemische Industrie, Autoindustrie, Nahrungsmittelindustrie, Energiewirtschaft und Maschinenbau, insbesondere aber Firmen und Unternehmen des Dienstleistungssektors und aus dem High-Tech-Bereich sind heute bestimmende Kräfte.

 
Landtag NRW
 
NRW ist ein wichtiges Land in Deutschland und in Europa. Die Arbeitskraft der Arbeitnehmer, unternehmerische und politische Entscheidungen haben Nordrhein-Westfalens Weg bestimmt. Die Briten haben NRW nach 1945 die Demokratie geschenkt. Der Neuaufbau geschah nach demokratisch-parlamentarischen Regeln. Bereits im Frühjahr 1947 wurde der Landtag NRW zum ersten Mal demokratisch gewählt. Seitdem gab es sehr unterschiedliche politische Konstellationen: wechselnde Koalitionen und Alleinregierungen von CDU und SPD.
 
In den 60 Jahren haben insgesamt 1.527 Abgeordnete im Landtag NRW die Interessen der Bevölkerung vertreten: ernannte, gewählte und nachgerückte. Parlamentarier, die als Mitglieder von CDU, SPD, FDP, Zentrum, KPD, den GRÜNEN oder als Parteilose ihre Arbeit leisteten.
 
Vierzehn Mal hat die wahlberechtigte Bevölkerung von NRW von 1947 bis 2005 über die Zusammensetzung des Landtags bestimmt. Elf Landtagspräsidenten bzw. - präsidentinnen repräsentierten das Landesparlament.
Neun Ministerpräsidenten wurden von den Abgeordneten aus ihrer Mitte gewählt - eine NRW-Besonderheit, dass der Ministerpräsident ein Abgeordnetenmandat haben muss. Über 1.500 Gesetze verabschiedete der Landtag NRW in 60 Jahren.
 
Demokratischer Neubeginn und Wiederaufbau, Politik für Schulen und Hochschulen, Unterstützung für Kohle und Stahl, kommunale Gebietsreform und Verwaltungsreform, Zukunft des Ruhrgebiets, Medienpolitik und Finanzpolitik sowie Änderungen der Landesverfassung sind beherrschende Themen der politischen Debatte, die sich unter veränderten Vorzeichen durch die sechs Jahrzehnte der Landespolitik ziehen. Spannende Debatten wurden im Landtag NRW geführt, wegweisende Entscheidungen getroffen. Aufgrund seiner Bedeutung ist nordrhein-westfälische Landespolitik immer auch eng mit der Bundespolitik verflochten.
 
Quelle: Landtag NRW